Die österliche Bußzeit

Das Altarbild der Osburger Pfarrkirche St. Clemens ist außergewöhnlich. Wer die Kirche betritt, wird magisch von diesem abstrakten großen Gemälde des Wiener Künstlers Thomas Bredenfeld angezogen. Als ich ihn um Erlaubnis gefragt habe, ob ich das Bild nutzen darf, hat er postwendend reagiert: „Es hat mich sehr gefreut, dass mich mit Ihrer Nachricht wieder einmal eine Erinnerung an eine meiner wichtigsten Arbeiten erreicht hat.“ Es wäre sicherlich interessant, mit ihm ein Gespräch zu führen, wie er vielleicht heute nach so vielen Jahren mit Abstand sein Werk sieht.
Sollten Sie mal in Osburg zu Besuch sein, es lohnt sich, in einer der Bänke zu verweilen und das Bild auf sich wirken zu lassen. Aber dies können Sie auch jetzt bei sich zu Hause. Nehmen Sie das Titelbild und konzentrieren Sie sich!
Spüren Sie in sich hinein, was löst dieses Bild in Ihnen aus?
Welche Gefühle, Gedanken, Interpretationen kommen Ihnen?
Der Künstler selbst formuliert die Absicht des Bildes „als das Streben aus den schweren, dunklen Blautönen, der Farbe der Sehnsucht, in den Bereich des göttlichen Lichtes, vergleichbar dem Streben der glaubenden und zweifelnden Seele aus der materiellen Enge in die Helle der geistigen und geistlichen Erlösung“.
Konzentration bedeutet seine Aufmerksamkeit, seine Gedanken vollständig auf jemanden oder etwas ausrichten. Sich sammeln, die geistig-seelischen Kräfte nach innen richten und das Störende, Ablenkende nicht beachten. Die farbliche Ausgestaltung der Osburger Altarwand deutet uns einen Weg über die Schwelle und öffnet unseren Horizont über das „Irdische“ hinaus. Ein grandioser Ein- und Ausblick wird uns gewährt in das uns verheißene Leben in Fülle.
Und während ich meditiere, kommt mir das Gebet von Dietrich Bonhoeffer in den Sinn:
„Herr, in mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht. Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht. Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe. Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede. Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich!“ Amen.
Wir bereiten uns in diesen Tagen wieder erneut auf das Osterfest vor, das Fest unseres Glaubens. Gott wird neues ewiges Leben schenken. Wer sich mit Meditationen auskennt, weiß, dass es im Buddhismus Zen-Meditationen gibt. Zen bedeutet u.a. „frei von den Ablenkungen und trügerischen Konflikten der materiellen Welt zu sein“.
Für viele ist die Fastenzeit eine Zeit, in der sie versuchen, einen Teil Ballast abzuwerfen oder anders gesagt sich neu zu kon-zen-trieren. Vielleicht denken manche von Ihnen jetzt eher an die Kilos und Pfunde, die man durch weniger essen und weniger Alkohol verlieren könnte. Ja, das sicher auch. Aber gibt es da nicht noch ganz anderen Ballast in meinem Leben? Die kleinen Streitigkeiten, die das Leben oft unnötig schwer machen; der Neid, weil Andere etwas haben, was ich auch gerne hätte. Ich bin überzeugt, Ihnen fallen beim Nachsinnen eigene Situationen ein.
Nehmen wir als anderes Beispiel unseren Medienkonsum. Vielleicht ist es die Art, wie ich mit dem Internet und den modernen Medien umgehe: immer erreichbar sein, stets parat stehen, ständig auf dem neuesten Stand sein - all das kann auch Ballast sein, der das Leben belastet. Es mag vielleicht ein Luxusproblem unserer Gesellschaft sein, aber wie schwer fällt es mir, fällt es Ihnen, sich wirklich von diesem Ballast einmal bewusst zu trennen?
Der Umgang mit dem Überfluss scheint gar nicht so einfach zu sein, mit diesem ganzen Zuviel von allem. Es muss ja nicht direkt um alles oder nichts gehen in dieser bevorstehenden Fastenzeit. Aber vielleicht darum, wieder ein gutes Gleichgewicht zu finden, Überflüssiges wegzulassen, Dinge zu tun, die man am liebsten tut und das Leben lebenswert machen: Mit einem netten Menschen plaudern, eine gesunde Mahlzeit zubereiten, einen Spaziergang unternehmen, eine Kerze anzünden, rechtzeitig von der Arbeit nach Hause gehen, mein Leben vor Gott bringen (egal, ob in einer schönen Kirche, zu Hause oder in der Natur … und das jeden Tag!)
Probieren Sie es. Viel Freude dabei und eine entschleunigte Fastenzeit wünscht Ihnen
Ihr Gemeindereferent
Rüdiger Glaub-Engelskirchen